Einfach mal abschalten, die Arbeit Arbeit sein lassen und am Strand liegen. Kein Stress, kein Haushalt, selbst die Kinder werden im Kids-Club bespaßt. Die Türkei ist ein beliebtes Reiseziel vieler Deutscher. Zwischen Entspannung und All-inclusive geht es in erster Linie ums Nichtstun. Schade eigentlich.
Denn dass die Türkei so viel mehr kann als Cluburlaub, zeigt sich ganz einfach:
Wo sonst lässt es sich auf zwei Kontinenten feiern, am Strand entspannen und gleichzeitig die Wiege der europäischen Kultur erkunden?
Es ist also keine Übertreibung, wenn es heißt: Türkei, das Urlaubsziel für jeden Geschmack. Städtetouristen, Strandurlauber und Kulturreisende werden hier gleichermaßen glücklich.
Wir starten den Beweis und widmen uns drei grundverschiedenen Urlaubsarten an unterschiedlichen Orten in der Türkei. Dabei wird schnell klar: Es geht gar nicht um das Entweder-oder sondern ums Sowohl-als-auch.
Kappadokien: märchenhaft-mystische Steinlandschaft
Zipfelmützen, Kamine und Pilze, in denen Feen leben. Nein, die Rede ist nicht von den etwaigen Wahnvorstellungen trinkfreudiger Partytouristen in Istanbul. Vielmehr geht es hier um eine märchenhafte Landschaft, einzigartige Geschichte und ein Mekka für Kultururlauber: Kappadokien.
Der Name, den man ein paar Mal laut lesen muss, um ihn fehlerfrei auszusprechen, mag nicht jedem geläufig sein. Eher noch die Bilder voller mystischer Schönheit: bizarre Steinlandschaften, kegelförmige Felsen, in Stein gehauene Behausungen und darüber ein Meer an Heißluftballons.
Ein bisschen Höhenluft hat noch keinem geschadet und eines ist klar: Anmutiger als aus dem sanft schwebenden Korb eines Ballons kann man das zauberhafte Kappadokien nicht betrachten. Unabhängig davon, ob es nun die einzigartige Geschichte, die surreal anmutende Landschaft oder die Ballonfahrt selbst ist: Kappadokien zeigt sich als Touristenmagnet. Die Mischung aus Landschaft, Aktivurlaub und Kulturgeschichte begeistert.
Die Touristen landen fast unweigerlich in Göreme, einem kleinen Dorf mit 2500 Einwohnern, die vorwiegend von der Landwirtschaft und zunehmend vom Tourismus leben.
Ein Freilichtmuseum entführt die Besucher in eine fast schon fantastisch wirkende Welt, wo selbst die Entstehungsgeschichte märchenhaft klingt: Vor rund 50 Millionen Jahren bedeckten zwei Vulkane die zentralanatolische Hochebene mit einer Lavaschicht. Die erkaltete Masse verfestigte sich mit der Zeit zu Tuffgestein. Wind und Wetter verformten mit den Jahrtausenden die Gesteinsmasse zu abstrakten Formen, den Höhlen der Feen.
Türkei = Kunst inmittten der Ödnis
Doch Kappadokien ist mehr als eine Laune der Natur, es ist auch die Geschichte der Menschen. Bereits in der Bronzezeit veränderten Menschen den Ort. Hethiter, Griechen, Römer, sie alle gruben Treppen, Gänge, Höhlen und Fenster in den Stein. Im 4. Jahrhundert bauten die ersten Christen hier unzählige Kirchen und schufen über Jahrhunderte eines der wichtigsten Zentren des Christentums.
Einige dieser Kirchen können noch heute besichtigt werden. Auch ohne Baedeker-Reiseführer mit detaillierten Fakten und Beschreibungen wird dem aufmerksamen Besucher klar: Das hier ist etwas Besonderes. Inmitten von staubigen Felsen, Beige- und Grautönen zeigen sich im Inneren der Kirchen kräftige schmuckreiche Fresken. Kunst inmitten der Ödnis.
Doch nicht nur Mönche und Einsiedler lebten in den Tuffsteinhöhlen. Komplette Städte, die bis zu zehn Stockwerke in die Tiefe reichen, wurden hier in den Stein gegraben. Versteckt vor Feinden und Plünderungen lebten hier bis zu 20.000 Menschen. Seit die Region 1985 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurde, übernachten heute vor allem Touristen in den Felswohnungen.
Denn es lohnt sich, die Gegend nicht nur von oben zu betrachten, sondern ebenso sie zu Fuß zu erkunden. Kulturreisende besuchen die Hochebene, um in den labyrinthartigen Gängen zu wandeln, in unterirdische Städte hinabzusteigen und auf Felsenburgen hinaufzuklettern. All das, um die Unwirklichkeit Kappadokiens zu verinnerlichen.
Troja, das Tor zur Ägäis
Wer gerne auf geschichtsträchtigen Pfaden wandelt, der fährt nach Troja. Der folgenreiche Schönheitswettbewerb der Göttinnen, der den Raub Helenas und schließlich den Untergang der antiken Stadt zur Folge hatte, ist legendär. Gleichzeitig ist Troja das Tor zur türkischen Ägäis, der wohl interessantesten Küstenregion des Landes.
Die Türkei ist und bleibt für die meisten Urlauber das Reiseziel für Badeurlaub schlechthin. Wieso? 500 Kilometer Küste an der Ägäis wären eine plausible Erklärung. Sonne, Strand und Entspannung ziehen einfach immer. Verständlich in Anbetracht des deutschen Wetters.
Bodrum: Inspiration für Künstler und Romantiker
„St. Tropez der Türkei“, nennt sich die Halbinsel Bodrum. Obwohl die weiß gekalkten Häuser eher an Griechenland erinnern, sind es die Yachten, elegante Nobelhotels und ein buntes Nachtleben, die den Vergleich nahelegen.
Hier auf den Inseln zwischen der Türkei und Griechenland vermischen sich die Kulturen vor allem in der Küche: In Bodrum, das sich noch gerne mit dem griechischen Namen Halikarnassos schmückt, lässt man es sich gutgehen: Touristen und Einheimische sitzen in den Tavernen bei gegrilltem Fisch, der am Morgen noch im türkisfarbenen Wasser schwamm, trinken dazu einen Wein aus der Region und schlemmen Mezze, die vielfältigen Vorspeisen, von denen eine schmackhafter ist als die andere. Zum Abschluss darf ein Raki nicht fehlen.
In Bodrum steht der Genuss an erster Stelle. Alkoholverzicht? Hier wird das nicht so eng gesehen und mit einem Efes in fröhlicher Runde angestoßen.
In den letzten Jahren hat sich Bodrum als Lieblingsort für die „anspruchsvollen Gäste“ etabliert. Villen, Luxushotels, Motoryachten und Namen wie Hilton, Kempinski oder Aman zeugen von entsprechender Klientel. Segeltörn statt Cluburlaub heißt die Devise und dabei bleibt man unter sich. In den Beach-Clubs und Nobelrestaurants sitzt man zwischen Mandarinenbäumen, trinkt die Cocktails der Saison und raucht Shisha-Pfeife. Auf Bodrum lässt es sich aushalten.
Neben Noblesse und Küche locken die wohl schönsten Sonnenuntergänge der Region die Menschen schon lange hierher. So geht der Ursprung Bodrums der Legende nach auf einen Fischer aus einem in den Bergen liegenden Dörfern zurück. Aus Sehnsucht nach dem Meer und den Sonnenuntergängen verließ er seine sichere Heimat, um eine Hütte direkt am Wasser zu bauen.
Nach und nach folgten ihm ähnliche Romantiker und die Siedlung wuchs heran. Es ist selbsterklärend, warum noch heute Schriftsteller und Künstler hier Inspiration suchen.
Am östlichen Mittelmeer kann man beides haben: den perfekten Strandurlaub und Kultur. Von den Haupt-Touristenorten Bodrum, Marmaris und Fethiye strömen die Touristen nicht nur zu den umliegenden Stränden, sondern auch zu den antiken Stätten. Sind die ersten Dekolletees von der Sonne gerötet, pilgern die Sonnenanbeter zu den Ruinen von Ephesos oder nach Pergamon, besichtigen Kurorte wie Cesme oder Königsgräber von Kaunos. Nach dem Kulturprogramm rufen dann wieder die blauen Lagunen und zum Abschluss die Abendspaziergänge an den Yachthäfen und durch die pittoresken Touristenstädtchen.
Auch der Wassersport kommt nicht zu kurz. Segeln, Surfen, Tauchen? Klar, kein Problem! Gäbe es die Vielfalt der Ägäis nicht, man müsste sie erfinden.
Es ist genau diese Mischung an Kultur und Erholung, die die Ägäis vom All-inklusive-Urlaub der Riviera abhebt, der sich meist nur hinter Hotelmauern abspielt. Nicht, dass dies nicht auch an der Ägäis möglich wäre. Doch es wäre schade um all die sehenswerten Orte.
Die Angst vorm Verpassen plagt auch so manche Städtetouristen. So viele Sehenswürdigkeiten, so viele Museen, Restaurants und Clubs. Wie will man da eine richtige Entscheidungen treffen?
In Istanbul ist es nicht anders, im Gegenteil. 2500 Jahre Geschichte auf zwei Kontinenten lassen sich schwer in ein Wochenende packen, dafür braucht man Zeit oder den Mut zur Selektion. Dabei ist die Lösung ganz simpel: einfach öfter kommen. Istanbul hat längst den Ruf als Trendmetropole: eine junge Kunstszene, Fashion, Nightlife.
Istanbul – das New York des Ostens
Für manche entfaltet sich die Magie der Stadt erst, wenn die Nacht anbricht. Fernab jeglicher Sehenswürdigkeiten und Kulturgeschichte lässt es sich im „New York des Ostens“ ganz ausgezeichnet um die Häuser ziehen. Das Nachtleben ist längst legendär.
Die jungen Türken feiern als gäbe es kein Morgen, voller Selbstbewusstsein und Energie. Das Nachtleben pulsiert und als Tourist kann man sich einfach trieben lassen, mitfeiern und ein Teil dieser Welt aus Bass, Drinks und Feierstimmung sein.
Doch es ist weder das historische noch das trendige Istanbul allein, was die Faszination für die Stadt auslöst, es ist die Mischung. Es ist das Nebeneinander von Geschichte und Moderne, das Istanbul so pulsieren lässt und jährlich all die Touristen bringt.
Es sind diese Etappen der Geschichte, die in Istanbul an jeder Ecke ihre Spuren hinterlassen haben. Im historischen Stadtkern auf der europäischen Seite der Stadt scheint es keinen Ort zu geben, der nicht vor Historie trotzt: Topkapι-Palast, Aya Sofya, Blaue Moschee. Dazwischen Coffee-Shops und Designerläden. In Istanbul hat man stets die Wahl: Concept-Store oder orientalischer Basar, Boutique-Hotel oder historische Villa, Party oder Sightseeing.
Hagia Sophia, das Wahrzeichen der Stadt
Am Wahrzeichen der Stadt, der Hagia Sophia, lässt sich die bewegte Geschichte Istanbuls rekonstruieren. Als Kirche gigantischen Ausmaßes in Konstantinopel errichtet, durchlebte sie drei Reiche, Byzanz, osmanisches Reich, türkische Republik. Sie wurde zweimal zerstört, zur Moschee umgebaut und schließlich zum Museum. Ein Ort im Wandel der Zeit. Doch auch unbekanntere Orte entfalten ihren Sog: Die Cisterna Basilica beispielsweise entführt in eine Zeit, in der selbst unterirdische Zisternen einem Palast glichen.
Jenseits von Geschichte und Sightseeing erlebt man das echte Istanbul, wenn man es den Einheimischen gleich tut. Man sucht sich eines der traditionellen Teehäuser, bestellt ein Gläschen des türkischen Lebenselexiers und eine Wasserpfeife. Dann heißt es: Runterkommen von all dem Touristenprogramm, vom Trubel und der Hektik. Bei jedem Zug, bei jedem Schluck fällt der Stress ab und man kann das Treiben in den Gassen beobachten, eine Runde Backgammon spielen und das Flair der Stadt spüren.
Im Viertel Çengelköy auf der asiatischen Stadtseite ist das besonders gut möglich. Bei Touristen fast unbekannt, aber bei Einheimischen sehr beliebt, ist das Iskele Çay Bahçesi, ein Café mit traditionellem Teegarten. Von hier aus hat man einen unverbauten Blick auf die Bosporus-Brücke. Hier lässt sich der Tee bei selbst mitgebrachtem Snacks und einer lauen Brise genießen. Das ist ähnlich wie in bayerischen Biergärten nämlich erlaubt.
Man könnte in Superlative verfallen, wenn man Istanbul als Reiseziel für Städtetouristen anpreisen sollte, denn es ist wahr: Hier findet jeder, was er von seinem Städtetrip erwartet: Den Bummel über den Großen Basar, das Flanieren über die Brücken, den Besuch der Prinzeninseln, eine Fahrt auf dem Bosporus oder das Tingeln von Bar zu Bar.
Istanbul ist im Kleinen, was die Türkei im Großen ist: Ein Reiseziel für jeden Geschmack. So platt es nun klingen mag.
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Heißluftballons: © Depositphotos.com/Nikolai Sorokin
Steinformationen: © Depositphotos.com/Vladimir Voronin
Höhle: © Depositphotos.com/Lenar Musin
Troja: © Depositphotos.com/Nikolai Sorokin
Sonnenliege Bodrum: © Depositphotos.com/Viacheslav Khmelnytskyi
Bodrum Stadt: © Depositphotos.com/Mariusz Prusaczyk
Istanbul Bosporus-Brücke: © Depositphotos.com/Halil ibrahim Kurucan