In der Kolumne „Meine ReiseZutaten“ philosophieren wir über Gott und die Reisewelt. Welche guten Zutaten braucht eine Reise? Was versalzt uns gerne mal die Reise-Suppe? Und wann denken wir: „Wer bitteschön hat denn DAS bestellt?“ In Folge 19 dreht sich alles um den Luxus.
Meine ReiseZutaten (19): Luxus
Wasserhähne aus Gold, Himmelbetten aus schweren Seidenstoffen, der Ankleideraum größer als der heimische Garten. Eine Aussicht über die Metropole bis ans Meer. Von der Suite und dem Infinity-Pool aus versteht sich.
Der Concierge 24 Stunden bereit, jeden noch so ausgefallenen Wunsch zu erfüllen. Ein privater Hubschrauberflug über die Stadt? Das kostet ihn ein müdes Lächeln und einen kurzen Anruf.
Hach, Luxusreisen sind einfach die Krönung des Menschseins.
Nein, sind sie nicht!
Wer Luxusreisen bucht, ist doch nur zu faul für Abenteuer. Gibt doch nichts Langweiligeres, als unterwegs überall den Arsch nachgetragen zu bekommen.
Mag sein, dass es sich vom Burj Al Arab übers Plaza bis zum Ritz ganz bequem schlafen lässt. Sogar das Essen soll dort genießbar sein. Ja, die Aussicht, verstehe.
Aber sonst? Stinklangweilig!
Wer sich auf seiner Reise um nichts kümmern muss, hat doch den Sinn des Reisens nicht verstanden. Es geht eben genau nicht darum, dass alles reibungslos läuft. Dass ich mich nie verlaufe, mir nie den Magen verderbe und nirgendwo Schlange stehen muss.
Reisen ist anstrengend. Reisen muss auch mal weh tun.
Reisen kann dich an den Rand deiner Kräfte bringen, dich in gewissen Momenten zutiefst ankotzen, dich mit Heimweh überschütten, dich an deinem Verstand zweifeln lassen.
Kann dazu führen, dass Fragen auftauchen, wie: „Warum bin ich hier und wenn ja, wie lange noch?“
Die Unsicherheit, das Spontane, das Überraschende: all die Zutaten machen eine Reise doch erst zu einem gelungenen Gesamtwerk.
Wer nie übers Ohr gehauen wurde, nie mit völlig unfähigen Taxifahrern durch die Gegend geirrt ist, niemals aus heiterem Himmel von Einheimischen zum Essen eingeladen wurde, wer niemals eine schlaflose Nächten auf katastrophalen Matratzen verbracht hat, der war zwar an anderen Orten, aber er ist nicht wirklich gereist.
Deshalb wird es Zeit, das Wort Luxusreisen neu zu definieren. Jenseits von Prunk, Pagen und goldenen Kreditkarten.
Fangen wir mal damit an: Jede Reise an sich ist schon Luxus. Wer Geld dafür hat, sich freiwillig zu Erholungs-, Sport-, Kultur- oder Bildungszwecken an einen anderen Ort zu begeben, der gehört definitiv zum reichsten Drittel aller Erdbewohner.
Selbst der Kegelausflug in den Sauerland-Stern ist also eine Luxusreise – auch wenn die Bettenburg im osteuropäischen Stil und das merkwürdige Verhalten der Gäste vielleicht andere Schlüsse zulassen.
Doch zurück zum Thema: Luxus findet auf Reisen jeder, der sich wenigstens mal ein paar Meter von seinem Hotelpool entfernt. Und zwar gratis. Das Meer, die Berge, Seen, Gebirgsbächlein, endlose Wälder, ungewohnte Tiere und Pflanzen, grandiose Ein- und Ausblicke, wohin das Auge reicht.
Luxus ist keine Frage des Geldes, Luxus ist eine Frage der Einstellung. Bin ich bereit, mich von den Eindrücken beschenken zu lassen? Bin ich fähig, das fast schon unwirklich große Wunder der Natur wahrzunehmen?
Das Bestaunen eines Sonnenuntergangs ist mit einer Bierdose am Strand keinen Deut weniger luxuriös als mit einem Glas Schampus von der Dachterrasse des Luxushotels. Purer Reichtum für die Seele. Nicht mehr und nicht weniger.
Nichts gegen spektakuläre Unterkünfte, außergewöhnliche Restaurants und noble Beach-Clubs. Kann und darf ja alles Spaß machen.
Wenn wir dabei eins nicht vergessen: Der Luxus ist schon da, bevor wir den Geldbeutel gezückt haben. Wir müssen nur hinschauen.
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