Die Osterinsel liegt Tausende Kilometer vom Festland entfernt mitten im Pazifik. Die Einheimischen nennen sie Rapa Nui. Vor 300 Jahren landeten dort die ersten Europäer an.
Jakob Roggeveen und seine drei holländischen Schiffe waren auf dem 27. Breitengrad und 109. Längengrad mitten im Pazifik unterwegs, als der Ruf „Land in Sicht!“ ertönte. Roggeveen war im Auftrag der Niederländischen Westindien-Kompanie unterwegs, um neue Länder zu entdecken und die sagenhafte Terra Australis Incognita zu suchen. Das Eiland vulkanischen Ursprungs, das er vorfindet, ist für den Europäer nicht interessant – denn hier scheint nicht viel zu holen: Gerade mal 24 km lang und 13 km breit ist die Insel, ihr Bewuchs karg. „Wir gaben dem Land den Namen Osterinsel, denn es wurde von uns am Ostertag entdeckt“, schreibt Roggeveen ins Logbuch.
Geheimnisvolle Steinskulpturen
Die Seeleute landeten an einem Ort, an dem sie riesige und geheimnisvolle Steinfiguren und Einheimische vorfanden. Als einer der Einheimischen das Gewehr eines Matrosen griff, schossen die Niederländer und es gab mehrere Opfer und Verletzte, bevor Roggeveen und seine Crew am 10. April wieder in See stachen.
Es waren nicht die Niederländer, die als Erste die Insel, die 3800 Kilometer vor der südamerikanischen Küste und 2000 Kilometer vom nächsten Eiland entfernt liegt, betraten. Mit großer Wahrscheinlichkeit landeten Polynesier um 700 n. Chr. auf der Insel, welche die Vorfahren der heutigen Inselbewohner sind. Um 1400 ließ sich dann eine größere Gruppe dort nieder.
Die Legende von Hotu Matua
Laut einer Legende hatte der Häuptling Hotu Matua einen Traum, in dem seine Seele acht Inseln besuchte: Sieben von ihnen waren trostlos und leer, die achte erschien fruchtbar und einladend. Daraufhin schickt Hotu Matua sechs Männer aus, um die Insel zu finden, die die neue Heimat seines Volkes werden soll. Die Suchenden brechen in Kanus auf und bringen außerdem Hühner, Schweine, Bananen, Zuckerrohr und Süßkartoffeln mit in ihr neues Zuhause – abgeschnitten vom Rest der Welt. Sie nennen es „Te Pito O Te Henua“, was übersetzt „Der Nabel der Welt“ bedeutet.
An der Küste bauen die Insulaner Moai aus Tuffstein und anderen Mineralien auf großen Steinplattformen. Die zehn Meter hohen Figuren stehen meist mit dem Rücken zur See, sodass sie nicht umfallen können. Diese Steinskulpturen sind teilweise 1500 Jahre alt und dienen als Beweis für die uralte Kultur der Inselbewohner. Man vermutet, dass die Moai Häuptlinge oder Ahnen darstellen, welche als Vermittler zwischen dieser Welt und der jenseitigen fungierten. Allerdings ist dies bis heute noch nicht bewiesen worden.
Errichteten Außerirdische die Steinkolosse?
Lange Zeit rätselten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie es den Menschen möglich war, die Skulpturen ohne Werkzeug aufzurichten. Ihre Nachfahren glaubten lange, dass die Figuren sich selbst bewegt hätten. Der im 20. Jahrhundert überaus populäre Schweizer Autor Erich von Däniken hingegen war sicher, dass Außerirdische hier geholfen haben – seine These fand zahlreiche Anhänger.
Es ist wahrscheinlich, dass die Insel früher gut bewaldet war. Die Skulpturen konnten deshalb mit Hilfe von Holzkonstruktionen und Seilen aus Pflanzenfasern aufgestellt werden. Dies vermutet zumindest eine Archäologengruppe.
Sklavenhändlern und Schafzüchtern
Forscher glauben, dass die Beseitigung der Wälder unglaubliche Nahrungsprobleme nach sich gezogen hat. Es wurden weniger Früchte erntet und es fehlte an Holz, um Boote für den Fischfang zu bauen. Dadurch entstand ein Wettstreit um die knappen Ressourcen auf der begrenzten Insel, wodurch kriegerische Auseinandersetzungen entstanden. Als Jakob Roggeveen 1722 mit seinen Schiffen an Land ging, lebten nur noch rund 3000 von den ursprünglich 20.000 Einheimischen. Als James Cook 50 Jahre später einen kurzen Besuch abstattete, stellte er fest: „Es gibt kein anderes Land, welches weniger Erfrischung und Annehmlichkeiten bietet.“
Im Jahr 1862 wurden rund 1400 Insulaner von Sklavenhändlern verschleppt und an Zuckerrohrplantagen und Minen in Peru verkauft. Nur eine Handvoll der Gefangenen überlebte die schrecklichen Bedingungen. Davor waren die einzigen Besucher des Eilands Walfänger und Seehundfänger gewesen.
Die Kirche versuchte, sie zurück auf die Osterinsel zu bringen. Leider brachten sie tragischerweise das Pockenvirus mit, wodurch viele Menschen sich infizierten und starben. Im Jahr 1877 gab es nur noch 111 Bewohner auf der Insel. Chile annektierte sie 1888 und verpachtete sie an englische Schafzüchter. Die Einheimischen durften sich nicht mehr frei bewegen und wurden durch Zäune von den 60.000 Schafen getrennt. Die Steine der archäologischen Stätten wurden dann für den Bau von Ställen verwendet. Seit 1965 verfügten die Bewohner der Osterinsel über chilenische Ausweise und politische Rechte. Der Tourismus ist seitdem ihre bedeutendste Einnahmequelle. Viele Besucher wollen die gigantischen, seit 1996 als Weltkulturerbe anerkannten Steine mit eigenen Augen bestaunen.
Titelbild: © Depositphoto – MOIZ HUSEIN