Was Tel Aviv ausmacht? Die Lässigkeit! Und das mag spätestens dann widersprüchlich wirken, wenn man die Vielzahl der Soldaten auf den Straßen sieht.
Fangen wir ein paar Alltagsszenen ein: Auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt sitzt man im Zug mit jungen Soldaten und Soldatinnen. In der Hand halten sie das Smartphone, in den Ohren stecken die Kopfhörer. Eine ältere arabische Dame mit Kopftuch hievt ihren überdimensionalen Koffer durch den Gang. Ein junger jüdischer Soldat steht auf, um ihr behilflich zu sein. Er spricht sie an, deutet auf den Koffer. Sie ignoriert ihn, dreht ihm den Rücken zu und schiebt den Koffer alleine weiter in Richtung Sitzplatz. Der Soldat murmelt etwas, was ich als „dann halt nicht“ deute, setzt sich und wendet sich wieder seinem Handy zu.
Oder nehmen wir den Spaziergang am Strandboulevard. Junge Männer in der Freizeit, Hand in Hand mit der Freundin, um die Schulter das Maschinengewehr. So ein Anblick gehört in Tel Aviv zu Tagesordnung.
Sport, Spaß, Sabbat
Umso krasser erscheint der Gegensatz zur Feier- und Strandkultur, die über die Grenzen hinaus bekannte Feierfreude der Bewohner Tel Avivs, die betonte Lässigkeit. Ganze 14 km Strand erstreckt sich in Tel Aviv direkt an der Stadt – und es ist für jeden der richtige Abschnitt dabei.
Am Gordon-Strand treffen sich Senioren für die tägliche Gymnastik. An einigen Abschnitten sonnen sich die Russen. Weiter nördlich gibt es einen abgeschirmten Strand für ultraorthodoxe Juden, an dem es Männer- und Frauentage gibt und genau daneben ist der Hilton-Beach am gleichnamigen Hotel, wo sich vor allem Schwule, Lesben aber auch Familien treffen. Tagsüber spielt sich das Leben am Strand und der Promenade ab.
Wer nicht faul am Strand liegt, ist sportlich unterwegs. Absoluter Lieblingssport ist hier Ping-Pong. Wer am Strand flaniert, muss alle paar Meter den Ball aufheben und den Spielern wieder zuwerfen. Sonst geht es um Fortbewegung: Inliner, Scooter, E-Board – hier sind die aktuellen Fun-Sport-Geräte immer besonders früh auf der Straße.
Zwangsläufig kommt man beim Strandspaziergang an dem riesigen bunten Gebäude vorbei, das als Ruine am Wasser thront. Hier treffen sich freitags zum Sabbat Hippies und Hare-Krishna-Anhänger, um zu trommeln, zu tanzen und zu singen. Das Gebäude war früher ein angesagter Club, in dem vor allem die russischen Einwanderer feierten. So warteten auch am 1. Juni 2001 junge Leute in der Schlange auf Einlass, als sich ein Attentäter dort in die Luft sprengte und 21 Menschen tötete. Bis heute steht das Gebäude als Mahnmal.
Am Abend geht es dann weiter in die zahlreichen Restaurants am Rothschild Boulevard, bevor man in den Bars im hippen Viertel Florentine oder rund um Lilienblum, Allenby und Ahad Ha’Am Street und den Clubs am Hafen die Nacht zum Tag macht. In Tel Aviv ist Sorglosigkeit an der Tagesordnung, trotz – oder gerade weil das Leben hier nicht immer sorglos ist. Doch die Religion ist nicht nur in Jerusalem allgegenwertig, auch im weltlichen Tel Aviv regelt der Sabbat den Wochenrhythmus.
Jaffa – Wo das junge Tel Aviv ganz alt ist
Tel Aviv ist gerade einmal etwas über hundert Jahre alt. Es waren 66 Gründerfamilien, die im Jahr 1909 mit der Bebauung an dieser Stelle anfingen. Heute leben hier rund 400.000 Menschen. Wo früher nur Wüste war, blüht heute das Leben.
„Frühlingshügel“ heißt Tel Aviv und das passt zur Stimmung. Es heißt, in Jerusalem wird gebetet, in Haifa gearbeitet und in Tel Aviv gelebt. Direkt südlich angrenzend an die junge Metropole befindet sich das alte Jaffa, eine Hafenstadt, die bereits seit der Antike besteht.
Schon 3500 v. Chr. haben hier Menschen gelebt. Bereits in der griechischen Mythologie findet die Hafenstadt Erwähnung und auch in der Bibelgeschichte von Jona und der Wal ist von Jaffa die Rede.
Die Geschichte der Besetzer ist lange, die Römer waren hier, die Kreuzfahrer und Napoleon, dann die Briten. Mittlerweile ist Jaffa ein Stadtteil von Tel Aviv und der vielleicht beliebteste Ort bei Touristen, allein schon wegen des Flohmarkts. In der Altstadt leben heute in erster Linie Künstler. Ende des 19. Jahrhunderts war vor allem der Platz ein Problem. Die vielen jüdischen Einwanderer lebten auf engstem Raum weil es keine Möglichkeit zur baulichen Expansion gab.
Was lange Zeit als heruntergekommen galt, ist heute die teuerste Wohngegend der Stadt. In den schmalen, pittoresken Gässchen finden sich heute liebevoll restaurierte Steingebäude aus osmanischer Zeit. Die Hauptsehenswürdigkeiten wie St. Peter, die Sternzeichenbrücke, das Haus Simon des Gerbers oder den Hafen entdeckt man am besten bei einer die zahlreichen Citytouren. Was man aber immer genießen sollte, ist zum einen das großzügige Angebot an arabischen Speisen und den Ausblick auf das Citypanorama Tel Avis.
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