Weinreisen

Mit dem Weinglas durch die Welt: Weinreisen boomen

Es gibt zwei Arten von Menschen: Diejenigen, die bei Château an eine große, wehrhafte Burg denken. Und die, die schon den edlen Tropfen die Kehle hinabrinnen fühlen. Wer zu der zweiten Art Mensch gehört, der sieht sich in Gedanken auf Weinreise durch die Châteaus Frankreichs streifen – Weingüter, mit den edelsten Tropfen weltweit, die man aus Weintrauben keltern kann.

„Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken“: Wer Goethes Meinung teilt, für den ist eine Weinreise die höchste Form von Genuss.

Wo in manchen Ländern der Weintourismus eine lange Tradition hat, haben sich andere Anbaugebiete erst in den letzten Jahren etabliert und profitieren vom zahlungskräftigen Publikum der Weinkenner.

Egal ob Liebhaber von Merlot, Cabernet Sauvignon oder Chardonnay: Weinreisen boomen hier in Deutschland, aber auch am anderen Ende der Welt. Wir stellen hier drei besondere Regionen vor.

Klassiker unter den Weinreisen: Die Châteaus von Bordeaux

Unbeeindruckt von Reisetrends zeigt sich das weltberühmte Weinbaugebiet Bordeaux im südwest-französischen Département Gironde, schon lange Sehnsuchtsort der Gourmets. Fruchtbarer Boden, mildes Klima und die raue Atlantikküste machen das Gebiet zum Schlaraffenland für Weintrinker.

Weinbaugebiet Bordeaux
Château ist eigentlich nur die Bezeichnung für ein Stück Land. Für Weinliebhaber ist es viel mehr.

Auf rund 100.000 Hektar werden hier Reben angebaut. Der Begriff Château im Weinkontext wurde hier etabliert. Was im Grunde genommen einfach nur ein Stück Land bezeichnet, das für den Weinanbau genutzt wird, bedeutet für passionierte Genießer so viel mehr.

Spätestens im Mai ist es wieder soweit: Dann tummeln sich alle Kenner der edlen Weine auf den Gassen der Stadt Bordeaux und auf den umliegenden Weingütern. Beim Week-end des Grands Crus, das vom 20. bis 21. Mai stattfindet, dreht sich alles um Weine der Spitzenklasse. Es wird gerochen, geschwenkt, genippt.

Über 100 Bordeaux Grands Crus, die Elite der dortigen Weine, gilt es zu verkosten. Hinzu kommen Dinner, Touren und Besichtigungen der Chateaus.

Hier und da ein Fachgespräch, ein Vortrag, eine Einführung in die Herstellung der Weinfässer und immer wieder: probieren. Der Tag eines Weintouristen kann anstrengend sein.

Wer denkt, dass außerhalb der großen Weinfestivals Ruhe im Bordeaux herrscht, irrt. Auch im Rest des Jahres haben der Wein und seine Besucher Hochsaison. Allein 3000 Châteaus im Bordelais sorgen für ausreichend Programm.

4,3 Millionen Weintouristen pro Jahr

Rund 4,3 Millionen Touristen finden jährlich ihren Weg in die Gegend, gut ein Drittel davon kommt aus dem Ausland. Da geht es manchmal zu wie hierzulande in den malerischen Städtchen am Rhein, wo sich die Touristen gegenseitig auf die Füße treten.

Bordeaux
Bordeaux ist nicht nur wegen seiner exzellenten Weine eine Reise wert.

Die Weinregion ist seit langem auf Touristen eingestellt, die die Vielfalt der Cuvee-Weine aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc auskosten wollen. Sicher ist es die Qualität der Weine, die Touristen anzieht. Bestimmt aber auch die Romantik der alten herrschaftlichen Anwesen, die zwischen den Weinreben den Alltag so weit weg erscheinen lassen.

Eines davon ist das Château Grand Barrail Hotel in Saint Emilion. Wenn man sich seine Weinreise durch Bordeaux erträumt, dann wohl so: mit einem Vier-Sterne-Hotel aus dem 19.Jahrhundert als Unterkunft. Luxus, Weinreben, so weit das Auge reicht und eine Kulisse wie aus einer romantischen Buchverfilmung.

Weinreisen können, müssen aber keine Pauschalreisen sein. Verschiedene Chateaus besichtigen, Weine verkosten und kaufen, Spaziergänge durch die Weinberge, ein abendliches Gourtmetdinner und die Nacht zwischen den Weinbergen: All das geht auch ganz individuell.

Saint-Emilion bei Bordeaux
Traumhafte (Wein-)Gegend: hier der Ort Saint-Emilion bei Bordeaux.

Wer noch Probleme beim Entscheiden oder der Planung hat, für den gibt es die passende App: „Bordeaux Wein Trip“ für das Smartphone und Tablet.

Australien: Auf Weinreise am anderen Ende der Welt

Wer bei Australien nur an rote Erde und Koalas denkt, der liegt falsch. Seit den frühen 1990er Jahren etabliert sich in der sogenannten „neuen“ Weinwelt wie Australien und Neuseeland mit dem Weintourismus ein wachsender Wirtschaftszweig. Entlang der Küste gedeihen Rebsorten, die erstklassige Weine ergeben.

Es waren die Engländer, die den Weinbau nach Australien brachten. Künstliche Bewässerungssysteme und moderne Techniken machten dieses Vorhaben in dieser Wüstengegend erst möglich.

Die Sträflinge der damaligen englischen Strafkolonien pflanzten um 1788 in Port Jackson die ersten Reben. Wo es zunächst hauptsächlich um Sherry und Portwein ging, legt sich der Fokus ab den 1960er Jahren auf Weißweine.

In den Küstenregionen gibt es rund 170.000 Hektar Rebfläche mit circa 140 verschiedenen Trauben. Vor allem der Shiraz wurden zum Exportschlager. Doch auch Cabernet Sauvignon, Semillon, Chardonnay und Riesling schmücken das Portfolio.

offenen Kellertüren beim Weintourismus in Australien
Durch das Prinzip der offenen Kellertüren erfahren die Weinfreunde alles aus erster Hand.

Australien, früher noch Geheimtipp unter Weinkennern, ist mittlerweile ein Synonym für erstklassige Tropfen. Der Weintourismus wurde hier längst als große Marktingchange erkannt. Denn kulinarische Urlaubserlebnisse liegen auch Down Under im Trend.

Hierher kommen vor allem die Reisenden, die Luxus und Genuss mit Abenteuer kombinieren wollen So lässt sich der fünfte Kontinent am besten auf einer Rundreise erkunden. Von den kleinen Wein-Tälern durch das Outback bis zu den pulsierenden Metropolen des Landes.

Das Prinzip der „offenen Kellertüren“ macht es Gästen einfach. Egal, ob eine Weinreise mit professionellen Degustationen auf dem Plan steht oder das Land auf eigene Faust entdeckt wird: In den meisten Weingütern kann man spontan vorbeischauen, probieren und die kleinen Hofläden durchstöbern.

Barossa Valley: Europäische Weintradition Down Under

Sanft geschwungene Weingärten, weite Wiesen, tiefroter Sonnenuntergang: Etwa 50 km nordöstlich von Adelaide liegt das bekannteste Weinanbaugebiet des Landes, das Barossa Valley.

Wer sich hier eine Landschaft wie das gemütliches Moseltal vorstellt, wird enttäuscht. Das Barossa Tal beeindruckt mit seiner schieren Größe: Im 10.000 Hektar großen Tal werden jährlich bis zu 80.000 Tonnen Trauben gekeltert. Vor allem der eingängige Shiraz machte die Region weltbekannt.

Barossa Valley im Süden Australiens
Barossa Valley, das beindruckende Weintal im Süden Australiens.

Auffällig sind die für deutsche Ohren vertraut klingenden Namen. Denn viele der bekannten Weingüter haben eine deutsche Vergangenheit. So zum Beispiel das Weingut Henschke, das seine Gäste zum Blick hinter die Kulissen einlädt. Traditionelle Weinherstellung, aber auch moderne Kellertechniken werden gezeigt und natürlich die Erzeugnisse auf ihre Qualität überprüft.

Ebenfalls aus Deutschland kommt der Winzer Wolf Blass. Er wanderte in den 1960er Jahren nach Australien aus und gründete das Weingut „Bilyara“. Mit dem sogenannten „Cellar-Door-Pass“ (inklusive Begleitheft und Audio-CD) können Reisende Weingüter außerhalb von Gruppenreisen besuchen.

Die Unterkünfte im Barossa Valley haben sich vor allem auf Luxusurlaub spezialisiert. Sterne-Lodges, Gourmetküche und Boutiquehotels stehen im Fokus der Weinreisenden.

So zum Beispiel das „The Louise“. Es lockt mit exzellenter Küche, Traumlage und luxuriöse Suiten das zahlungskräftige Publikum an. Puristisches Design, Sandstein und Weitblick sind das Aushängeschild. Neben Spitzweinen genießt man hier vor allem seine Privatsphäre in moderner Atmosphäre.

Clare Valley: Australiens Süden für Riesling-Freunde

Im Süden Australiens gilt das Clare Valley als Hochburg der Riesling-Weine: Der blumig und würzig schmeckende Wein mit der hellen, zitronengelben Farbe ist international bekannt.

Clare Valley Australien
Clare Valley: traumhafte Gegend mit traumhaften Weinen.

Zahlreiche Weingüter und elegante Landhotels gilt es entlang des „Riesling-Trails“zu entdecken. Dieses schlängelt sich fast 30 Kilometer durch die grüne Landschaft  von Clare nach Auburn.

Auf relativ kleinem Raum gibt es viel zu sehen: Idyllische Städte, Wanderwege, Weingüter, Museen und Galerien. Das Tal gilt unter den Weinkennern als experimentierfreudiger Newcomer, was Wein und Kulinarik betrifft.

Das Besondere: Neben dem Wein widmen sich viele Winzer auch kleinen Brauereien, die handverlesene Biere wie Ale oder Starkbier brauen.

Die australischen Weine sprechen für sich. Doch die weite Anreise lohnt sich vor allem wegen dem Drumherum: Weite Steppen, die sich mit lieblichen Tälern abwechseln. Der grenzenlose Sternenhimmel, der rote Sand. Da schmeckt der beste Riesling gleich noch besser.

Wer jetzt Lust auf eine Weinreise nach Australien bekommen hat, sollte sich das Programm von „Tasting Australia“ einmal näher anschauen. 2017, von Ende April bis Anfang Mai, ist es wieder Zeit für das alle zwei Jahre stattfindende Weinfestival, das Besucher aus aller Welt lockt.

Weinland Deutschland: Der Trend spricht für Lokales

Neuseeland, Südafrika, Australien? So spannend diese Ziele für Weinkenner sind: Nicht jeden Genießer eines guten Tropfens zieht es gleich ans andere Ende der Welt.

Das Top-Ziel unter den Weinreisen liegt noch immer vor der Haustür. Deutschland hat mit seinen 13 Weinbaugebieten nicht nur eine große Auswahl, sondern auch Spitzenweine mit internationalem Rang.

Deutsche Weinstraße, Mosel, Pfalz – was vor einigen Jahre noch eher verstaubt klang, liegt wieder voll im Trend.

Nicht nur gutbetuchte Rentner reisen zu den Weinreben quer durch die Republik. Auch immer mehr junge Menschen wagen sich auf die Weinentdeckungsreise durch die Heimat.

Lokales ist spätestens seit dem Slow-Food-Trend schwer angesagt.

Geheimtipp Nahewein: Zwischen Wein und Wellness

Als echter Geheimtipp und Newcomer unter den Spitzenweinen in Deutschland gilt das Naheland. Sanftes Hügel, romantische Flusstäler und dramatische Felsformationen prägen die Nahe-Region im Südwesten des Landes.

Weindörfer, Burgen und Wanderwege locken seit einigen Jahren vermehrt Touristen an die rund 130 km lange Naheweinstrasse. Das Aushängeschild: Der „Edelschliff“, ein jährlich gekürter Riesling in einer Designerflasche, geschmückt mit einem Edelstein aus Idar-Oberstein.

Weintourismus Weinland Nahe
Kleines Anbaugebiet mit wunderschönen Aussichten: das Weinland Nahe.

Gerade einmal 4.200 Hektar Anbaufläche kann das kleine Anbaugebiet verzeichnen. Doch dafür sorgen geographische Besonderheiten und einzigartige Böden für einen bemerkenswerten Mikrokosmos.

Das regenarme und sonnige Gebiet ist durch den Hunsrück vor kalten Winden geschützt. So bietet es ideale Voraussetzungen für den Weinbau. Die Nahe mit ihren Nebenflüssen Glan und Alsenz blickt auf eine lange Weinbautradition zurück. Schon vor 2000 Jahren wurde hier gekeltert.

Typisch für die Region sind vor allem Riesling und Müller-Thurgau. Doch genau genommen gibt es keinen „typischen“ Nahewein. Zu vielfältig sind die Rebsorten, die durch die unterschiedlichen Böden eine große Bandbreite an Geschmacksnoten aufweisen.

Diese vielfältigen Geschmackserlebnisse machen die Region um Bad Kreuznach, Bad Münster und Bad Sobernheim zum Geheimtipp für passionierte Weinliebhaber. Die im Tourismus vor allem für Kuraufenthalt und Wellnessreisen bekannte Region setzt deshalb immer mehr auf den regionalen Wein. Zusammen mit dem Thema Genuss- und Aktivreisen.

Beim Wandern entlang der Nahe geht es vorbei an sanften Hügeln. Und auch mal an imposanten Felsen wie dem Rotenfels bei Bad Münster, der höchsten deutschen Steilwand nördlich der Alpen. Unterwegs warten Vinotheken, Weingüter und Straußwirtschaften auf Weinfans.

Weintourismus in Deutschland: Starke Qualität, starkes Wachstum

Der Weintourismus in Deutschland entwickelt sich zu einem stark wachsenden Markt – nicht zuletzt, weil er eine ganz neue Qualität annimmt. So ist es auch bei den Weinen der Naheregion.

In den letzten Jahren hat sich ein Generationenwechsel vollzogen. Junge, experimentierfreudige Winzer schaffen es, den Nahewein nach vorne zu bringen. Davon profitieren nicht nur die Winzer selbst, sondern die ganze Region, die seit einiger Zeit mit Abwanderung und dem Wegfall der Kurgäste zu klagen hatte.

Weintourismus Nahe Weinland
Wein, Wandern, Wellness, Wow: Das Weinland Nahe gilt als Geheimtipp beim Weintourismus.

Am besten kombiniert man die beiden Steckenpferde des Nahelandes: Wein und Wellness.

Im Bonnant’s Spa-Hotel in Bad Sobernheim dreht sich alles ums Wohlfühlen. Dazu gehört natürlich der Wein. Das Jugendstilhotel, einst als Kurhotel gegründet, gehört zu den Pionieren der der Vinotherapie. Im Mittelpunkt stehen Traubenkernöl-Massagen und die eigenes entwickelte Pflegeserie Carpe Vino.

Gut erholt geht es mit einem guten Nahe-Wein weiter im Jungborn. Das Sterne-Restaurant erfüllt alle kulinarischen Wünsche.

Etwas bodenständiger, aber nicht minder genussreich geht es auf den Weinfesten zu. Diese finden vor allem im Spätsommer in der Region statt. Direkt auf den Winzerhöfen, im Schatten der Weinberge, wird in geselliger Runde getrunken und gegessen. Authentischer kann man Wein nicht genießen.

Genussreisen und Urlaub im eigenen Land: Das sind zwei Reisetrends, die den Weinregionen zu Gute kommen.

Die beste Flasche Wein ist bekanntlich die, die auf dem Hof verkauft wird. Da sind sich Winzer und Weinliebhaber einig. Also Koffer packen und ab zum nächsten Winzerhotel. Zum Wohl!

Bildnachweis:
Titelbild: © Depositphotos.com/Ben Goode
Château: © Depositphotos.com/Konstantin Kalishko
Bordeaux: © Depositphotos.com/Leonid Andronov
Saint-Emilion: © Depositphotos.com/MARCO CIANNARELLA
Offene Kellertür: © Depositphotos.com/Fabrice Michaudeau
Barossa Valley: © Depositphotos.com/Heike Falkenberg
Clare Valley: © Depositphotos.com/Ben Goode
Aussicht Weinberge: © Weinland Nahe e.V.
Dorf im Naheland: © Weinland Nahe e.V.