Zwei Wochen lang in Spanien am Strand zu liegen und sich wie ein Hähnchen braten zu lassen, ist nicht jedermanns Sache. Da können die Küste noch so schön und die Sonnenuntergänge noch so romantisch sein: Anstatt Entspannung kommt irgendwann Langeweile auf. Eine gewisse Unruhe macht sich breit, die Lust auf Bewegung und Action steigt kontinuierlich an.
Vielleicht ist da auch noch ein Funke Abenteuerlust, der nach Aufmerksamkeit schreit. Der Wunsch, einfach mal was anderes machen als sonst. Einer Sportart nachzugehen, für die im Alltag zu wenig Zeit da ist. Oder die man sonst gar nicht machen kann, weil die Möglichkeiten dazu fehlen. Weil es daheim eben keinen Fels zum Klettern, kein Meer zum Surfen und keinen Trail zum Biken gibt.
Wer im Urlaub ist, möchte möglichst etwas erleben, an das er später gerne zurückdenkt: Sportliche Herausforderungen, die man meistert. Erlebnisse, bei denen einem das Adrenalin ins Blut schießt. Landschaften, die einem die Sprache verschlagen. Das sind die Dinge, über die man Freunden und Familie berichtet, wenn man glücklich und zufrieden mit einem Koffer voller Geschichten zurückkehrt. All das bekommt man, wenn man draußen aktiv ist. Also Outdoorsport betreibt, wie das heutzutage heißt. Aber man bekommt noch mehr, nämlich Zufriedenheit. In der Natur zu sein, macht einfach glücklich!
In Spanien muss man sich um die Auswahl an Outdoor-Aktivitäten jedenfalls keine Sorge machen. Eher darum, dass die Zeit nicht reicht, um allen nachzugehen.
Was vielen gar nicht bekannt ist: Spanien ist das zweitgebirgigste Land in Europa. Klettern, Mountainbiken, Canyoning, Schluchtenwandern und sogar Eisklettern: Für Bergliebhaber wird hier fast alles geboten. Die Pyrenäen im Norden oder die Sierra Nevada im Süden sind dabei nur zwei der bekanntesten Gebirgzüge, in denen man sich austoben kann.
Outdoorsport in Spanien = Qual der Wahl
Wer sich lieber im oder auf dem Wasser vergnügt, hat beim Outdoorsport in Spanien genauso die Qual der Wahl: Soll ich Windsurfen oder Kiten? Tauchen oder Kajakfahren? Oder doch lieber Stand-Up-Paddling machen? Sich für eine Aktivität zu entscheiden, fällt wirklich schwer. Aber ist eine Entscheidung überhaupt nötig?
Katalonien: Morgens klettern, nachmittags im Meer schwimmen
Werfen wir zuerst einen Blick auf Katalonien, denn das erreicht man von Deutschland aus am schnellsten. An der Costa Brava liegen die Berge und das Meer so dicht beinander, dass man morgens klettern und nachmittags schwimmen gehen kann.
Wenige Kilometer entfernt vom kleinen Touristenort Torroella de Montgri versteckt sich ein Sportklettergebiet, das nur die Einheimischen kennen. Als Kletter-Anfänger, aber auch als Fortgeschrittener kann man zwischen einigen abwechslungsreichen Routen wählen und beim Klettern den Ausblick auf den Naturpark von Montgri genießen. Während der Woche trifft man selten jemanden an. Ab und zu höchstens mal eine Ziege. In diesem Naturpark kann man beim Klettern wirklich abschalten. Kein Trubel, kein Lärm, Erholung pur! Und zum Strand sind es gerade mal 10 Kilometer. Wer abends verschwitzt vom Fels kommt, ist ruckzuck dort und kann nochmal ins Meer springen.
Ein weitaus bekannteres Klettergebiet ist Siurana, das 150 km hinter Barcelona liegt. Den Kernpunkt bildet Cornudella de Montsant, in dem die Kletterfäden zusammenlaufen. Hier trudeln ab dem späten Nachmittag die ersten Kletterer zurück vom Fels ein, um sich bei einem kühlen Getränk über ihre Heldentaten an der Wand auszutauschen. Kontakte zu knüpfen geht in Cornudella leicht und die Bewohner sind die vielen Kletterer gewöhnt. Vom Tante-Emma-Laden über kleine Bars bis hin zu einem Klettershop: In Cornudella bekommt man alles, was man für seinen Aufenthalt braucht. Trotzdem hat sich das Dorf seinen katalanischen Charme bewahrt.
Was Siurana zu einem Magneten für Kletterer macht, sind die unzähligen Routen, für die sogar Top-Athleten aus der ganzen Welt anreisen. Mit etwas Glück läuft man hier zum Beispiel Chris Sharma über den Weg, einem berühmten Sportkletterer aus den USA.
Aber auch Freizeitsportler werden in Siurana zu Wiederholungstätern. Bei über 40 Sektoren und mehr als 1000 Kletterrouten ist das auch kein Wunder. Trotz seiner Beliebtheit ist Siurana nicht überlaufen. Das Gebiet ist groß genug, dass man selbst in der Kletter-Hochsaison einen ruhigen Platz findet.
Als hätte man in Siurana nicht schon genug zu tun, liegen zig weitere namhafte Klettergebiete in der direkten Umgebung. Margalef, Prades oder Montsant sind dabei nur die bekannteren. Katalonien ist ein Kletterfass ohne Boden! Verständlich, dass viele Sportler bei ihrer Abreise schon den nächsten Aufenthalt planen. Und so ist die katalanische Verabschiedung „fins aviat – bis bald“ meistens ernstgemeint.
Mountainbike-Trails für Touristen noch ein Geheimtipp
Katalonien ist auch für Mountainbiker ein Paradies. Allerdings hat sich das über 6400 Kilometer große Streckennetz bisher hauptsächlich bei den Spaniern herumgesprochen. So ist das Mountainbiken in Katalonien bisher noch ein echter Geheimtipp.
Die Strecken sind bestens ausgeschildert und in verschiedene Schwierigkeitsgrade unterteilt, von ganz einfach bis technisch sehr anspruchsvoll. Wenn man auf Nummer sicher gehen möchte, sollte man lieber mit einer leichten Stufe beginnen. Selbst der zweitleichteste Grad kann schon fordernde Abschnitte enthalten.
Die Touren verlaufen, wie es sich fürs Mountainbiken gehört, oft querfeldein. Mal sind es breite Waldwege oder Schotterpisten, mal knifflige Trails, die eine gute Fahrtechnik voraussetzen. Der trockene und teilweise sehr steinige Untergrund ist für manche am Anfang gewöhnungsbedürftig.
Almfeeling rund um Ripoll
Rund um Ripoll, einer kleinen Stadt in den Vorpyrenäen, schlängeln sich wunderschöne Routen durch eine Landschaft, wie man sie sonst aus Österreich oder dem Allgäu kennt. Da kommt beim Biken zwischendurch echtes Almfeeling auf. Aber spätestens der typische Geruch der Pinien erinnert wieder daran, dass man sich in Spanien befindet.
Als Reisezeit ist besonders der Herbst zu empfehlen. Die Temperaturen liegen tagsüber noch bei 20 Grad und die Landschaft verwandelt sich in ein herbstliches Farbspektakel. Beste Bedingungen, um sich beim Biken den katalanischen Wind um die Nase wehen zu lassen, während es in Deutschland schon kalt wird.
Katalonien liegt nun schon mit zwei Sportarten ganz weit vorne und es kommt noch eine dazu: Kitesurfen! Den Dreh- und Angelpunkt bildet die Küste bei Sant Pere Pescador. Ein riesiger feiner Sandstrand gepaart mit idealen Windverhältnissen lässt hier Kitesurfer aus ganz Europa ihre Boards auspacken. Als Schwimmer muss man sich aber keine Sorge machen, überfahren zu werden. Die Kiter haben eigene Zonen, in denen sie auf ihren Bretten mit den Lenkdrachen über das Meer sausen. Das Tempo, das sie teilweise draufhaben, ist beeindruckend.
Im Sommer bilden die vielen Kites über dem Meer ein ziemlich buntes Spektakel, dem die anderen Strandbesucher interessiert von ihren Handtüchern aus zuschauen. Unterhaltsam ist es auch, die Anfänger bei ihren ersten Flugübungen zu beobachten.
Stand-Up-Paddeln auf dem Fluss Fluvià
Wem das Kitesurfen zu schnell ist, der kann sich auch ein Stand-Up-Paddling-Board ausleihen. Damit kann man direkt auf dem Fluss Fluvià eine Runde drehen. Das Stehpaddeln lernt jeder recht schnell, der ein gutes Balancegefühl hat. Das Ufer des Fluvià ist dicht bewachsen und es macht Spaß, die Landschaft vom Fluss aus zu erkunden.
Wer sich nicht zwischen Felsen oder Wasser entscheiden kann, bekommt beim Canyoning beides. Hier geht man als Team durch eine Schlucht, allerdings von oben nach unten. Dabei klettert man, rutscht, schwimmt und seilt sich an manchen Stücken sogar ab, es ist also von allem etwas dabei. Obwohl man Spanien auf den ersten Blick gar nicht mit Canyoning in Verbindung bringt, gibt es hier mehr Schluchten, als man denkt. Alleine in der Region um Alicante liegen so viele hohe Berge, dass einem schwindelig werden könnte. Und wo Berge sind, sind natürlich auch Schluchten.
Wenn man sich mit den örtlichen Bedingungen nicht auskennt, sind mit dem Canyoning durchaus Risiken verbunden. Ein starker Regenfall kann ausreichen, um einen kleinen Bach in einen reißenden Fluss zu verwandeln. Deshalb gehört unbedingt ein Guide dazu. Er kennt die Schwierigkeitsgrade der Schluchten und hat das notwendige Equipment. So können sich die Teilnehmer mit sicherem Gefühl in das Abenteuer Schlucht stürzen und den Adrenalinkick genießen.
Andalusien – perfekt für Skifahrer und Surfer
Dann geht es jetzt in den Süden Spaniens, nach Andalusien. Alleine dieser Landesteil ist so groß wie Portugal. Und wie sollte es anders sein: Es gibt massenhaft Berge! Fährt man im Frühjahr oder Herbst durch Granada, braucht man sich über den Anblick von Skiern auf manchen Autos nicht zu wundern. Auch dann nicht, wenn die Temperatur bei 25 Grad liegt. In einer knappen Stunde ist man von Granada mit dem Auto in den Bergen und kann das T-Shirt gegen die Skikleidung wechseln.
Beliebt ist Andalusien aber vor allem bei den Surfern, die sich an den Stränden von Tarifa und Umgebung auf die Suche nach der perfekten Welle begeben. Der Grund dafür sind Stürme über dem Atlantik, die für eine Welle nach der anderen sorgen.
Wahrscheinlich zählt Tarifa deshalb auch zu den weltweit beliebtesten Spots fürs Surfen. Je nachdem, wie der Wind weht, können die Wellen bis zu drei Meter hoch werden. Da ist Können gefragt, um auf dem Brett eine gute Figur zu machen.
Will man den Fortgeschrittenen zuschauen – oder gehört selber dazu – dann ist der Nachmittag der richtige Zeitpunkt. Durch die thermischen Unterschiede wird es nämlich erst dann stark windig. Als Anfänger sollte man sich lieber schon morgens aufs Brett begeben, sonst wird man später vielleicht vom Winde verweht.
Für alle, die sich tagsüber auf dem Meer verausgabt haben, steht am Abend das Kontrastprogramm an. Die einen machen Yoga, die anderen gehen zum Feiern in die Altstadt, andere machen beides. Das Schöne an Tarifa ist, dass man auf viele Gleichgesinnte trifft und leicht neue Bekanntschaften entstehen. Die gesamte Stimmung ist sehr locker und individuell.
Wildcampen wird hier toleriert
Individuell sind auch die Unterkünfte. Viele Surfer reisen mit dem eigenen Bus oder Wohnmobil an und stehen an der Küste verteilt. Obwohl das Wildcampen in Spanien offiziell verboten ist, wird es hier bisher toleriert. Angenehm an Tarifa ist, dass es keine großen Hotelkomplexe, sondern eher kleine persönliche Unterkünfte gibt. Als Outdoorfan fühlt man sich so gleich viel wohler.
Fahren wir in die Berge oder ans Meer? Diese Diskussion braucht man nicht zu führen, wenn man als Outdoorsportler seinen Urlaub in Spanien verbringt. Hier bekommt man ganz einfach beides!
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Klettern Siurana: © Depositphotos.com/Andrey Bandurenko
Kitesurfen Tarifa: © Depositphotos.com/Roberto Atencia Gutierrez
Restliche Foto: Nima Ashoff