Käse und Fish-Spa: Amsterdam zwischen Klischees und Überraschungen

Coffeeshop und Tabledance oder Grachtenfahrten und Tulpen? Zu Amsterdam hat jeder sein Bild im Kopf. Egal, was man von der niederländischen Hauptstadt erwartet, man wird es auch finden. Aber die Grachtenstadt hat noch so viel mehr als das Erfüllen seiner Klischees zu bieten. Wir begeben uns in eine Stadt voller Postkartenmotive und schauen uns um, was es sonst noch beim Stadtbesuch zu entdecken gibt.

Unterwegs auf dem Fietspad

Kräftig in die Pedale treten, um den kurzen Anstieg der Brücke zu schaffen, dann wieder bremsen, um an der roten Ampel zum Stehen zu kommen. Dort, wo schon zig andere Radler auf dem „Fietspad“ warten. Die authentischste Möglichkeit, um Amsterdam zu erkunden, ist natürlich mit dem Fahrrad.

Holland und Radfahren macht Sinn, wenn sogar schon ein Fahrradmodell nach einem Land, oder zumindest nach dem Teil des Landes, benannt wurde. Die kleinen, steilen Brückenbögen sind die höchsten Steigungen, die es zu bewältigen gilt. Der Rest ist flach und die Stadt zudem vorbildlich auf Radfahrer eingestellt.

Amsterdam Holland-Rad
So geht Fortbewegung in Amsterdam: stilecht auf dem Hollandrad.

An jeder Ecke gibt es günstig Hollandräder zu leihen und dann heißt es: rauf auf den Sattel und immer der Nase nach. Doch Vorsicht, die Menge an Rädern führt an manchen Kreuzungen auch einmal zu Staus. Wem es in der Innenstadt zu geschäftig ist, der dreht eine Runde im grünen Vondelpark oder fährt gleich ins Umland, wo tolle Ausflugsmöglichkeiten warten.

So schön das Radeln in Amsterdam auch ist: Es lohnt sich, den Drahtesel auch einmal stehen zu lassen. Denn wer gemütlich durch die Altstadt tingeln will, der kann das zu Fuß am entspanntesten machen. Schließlich gibt es so einiges an Boutiquen, Cafés und Läden zu erkunden.

Käse und Grachten – Amsterdam-Stadtspaziergang mit Probierhäppchen

Ein Spaziergang durch Amsterdam ist denkbar einfach, denn man kann gar nichts falsch machen. In der Innenstadt folgt man einfach den Grachten, läuft am Wasser entlang und schlendert über die zahlreichen Brücken.

An jeder Ecke warten schnuckelige Hausboote, pittoreske Plätze, kleine Cafés und schmale Fachwerkhäuser am Ufer. Früher wurden die Grundstücke nach Breite bemessen und so wurde gerne in die Höhe statt in die Breite gebaut. Die kuriosen, schmalen Häuschen zeugen noch heute davon.

amsterdam grachten
Einfach an den Grachten entlang laufen und genießen: So einfach ist Amsterdam.

Und dann wartet auch schon das nächste Klischee. Ein verräterischer Duft kündigt die Coffeeshops an. Doch es wäre viel zu schade, den Rest des Tages in verrauchten Bars mit benebeltem Kopf zu verbringen, denn dafür hat Amsterdam einfach viel zu viel zu bieten.

Also weiter geht es, denn wer sich den Genüssen hingeben will, der sollte sich lieber dem Käse widmen. Amsterdam und Käse, das passt zusammen wie ein Bildpärchen beim Memory.

Um die Spezialitäten des holländischen Milchproduktes zu probieren, kann man sich durch die Käse-Souvenirs-Shops schlemmen. In der Innenstadt reihen sich die Käseläden aneinander wie die Perlen an einer Kette. Zu jeder Sorte steht ein Probierschälchen bereit: Blau, mit Chili, Kräutern oder 18 Monate gereift? Hier gibt es alles, was das Herz begehrt und das auch noch kostenlos (bis man sich ein größeres Stück der Leckerei sichert).

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Ein blauer Käse? Kein Problem in Amsterdam!

Doch ein wenig Mäßigung ist angebracht, die Überdosis Laktose bekommt nicht jedem. Mit gefülltem Magen geht es weiter auf der Suche nach Klischees und Neuentdeckungen.

Zwischen Striptease und Tempeln – Rote Lichter überall

Keine Sorge, es ist okay, wenn das Rotlichtviertel unweigerlich ruft. Die Neugierde ist groß. Und wo bekommt man schon zu jeder Tages- und Nachtzeit leicht bekleidete Damen hinter Glasscheiben zu sehen?

Es mutet ein wenig wie ein Zoobesuch an, wenn man vor den Fenstern steht. Wer hier wen beäugt, das ist die Frage. Das Rotlichtviertel namens De Wallen erstreckt sich im Stadtkern, rund um die De Oude Kerk, und gehört zu einer der besten Wohngegenden der Stadt.

Wer seine erste Neugierde befriedigt hat, der kann der roten Farbe weiter folgen. Nur wenige Straßen weiter befinden sich die mit roten Lampions geschmückten Gassen von Chinatown. Hier duftet es nach würziger Sojasauce und gebratener Ente. Wer auf der Suche nach dem Glück ist, dem wird hier geholfen.

Im buddhistischen Tempel Fo Guang Shan ist man auf Besucher eingestellt. Gerne erklären die Mönche, wie man seine Opfergabe darbietet: Räucherstäbchen zwischen die Handflächen und dann tief verbeugen. Wer will, kann für einen kleinen Obolus einen Zettel kaufen, der mit Weisheiten zum Glück verhilft. Ganz ähnlich wie ein Glückskeks, bloß ohne Teig.

Amsterdam
Amsterdam, das Tuipenparadies. Noch Fragen?

Und was muss man in Holland noch gesehen haben? Richtig, Tulpen! Die beste Gelegenheit in der Hauptstadt ist der Bloemenmarkt am Koningsplein. Hier gibt es ein Tulpenmeer zu bestaunen, der angenehme Blumenduft hängt in der Luft und dazwischen laden Souvenirstände zum Shopping ein.

Mehr als Rembrandts Nachtwache: Kultur in Amsterdam

Ohne Frage, das Rijksmuseum ist das Highlight in Amsterdams Kulturszene. Mit 17,50 Euro nicht gerade günstig, bietet es aber ganz große Kunst. Rembrandts Nachtwache ist der Star unter den Bildern und man fühlt sich ein wenig wie beim Anblick der Mona Lisa: Menschenmassen blockieren die Sicht, aber jeder ist zufrieden, der wenigstens einen kleinen Blick erhaschen konnte.

Im Format um einiges kleiner, aber fast genauso beliebt, ist Vermeers Milchmädchen. Doch mit rund 8000 ausgestellten Exponaten gibt es noch so viel mehr zu entdecken. Kunstfreunde können hier problemlos einen ganzen Tag verbringen. Man sollte definitiv genügend Zeit einplanen. Wer sich nicht so ganz für alte Meister begeistern kann, kann sich auch moderneren Werken widmen. In Amsterdam findet man die größte Sammlung von Van Goghs Werken weltweit.

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Schlange stehen im Rijksmuseum für einen kurzen Blick auf die Kunstwerke

Ein beliebter Ort bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen ist die Openbare Bibliotheek. Sie liegt direkt am Hauptbahnhof am Hafen und ist ein architektonisches Meisterwerk von Star-Architekt Joe Coenen. Das Tolle an der OBA ist, dass sie für jedes Wetter das perfekte Kulturprogramm bietet. Bei Regen lässt man sich auf einem der Loungesesseln, in Entspannungszonen oder Ruheräumen nieder und stöbert in der Weltliteratur, bei Sonnenschein fährt man in den 7. Stock und genießt dort bei Kaffee oder Lunch den perfekten Blick über die Stadt. Die Treppen vor dem Eingang sind bei Einheimischen dank zentraler Lage und Wasserblick ein beliebter Treffpunkt.

Anne-Frank-Haus: bekannt und bedrückend zugleich

Das Anne-Frank-Haus ist vielleicht einer der bekanntesten Orte, aber sicherlich auch einer der bedrückendsten. An der Prinsengracht wohnte Anne Frank bis zu ihrer Verhaftung durch die Nationalsozialisten und schrieb ihr berühmtes Tagebuch. Heute ist das Haus ein Museum. Die beengten Räumlichkeiten lassen nur eine begrenzte Zahl an Besuchern zu. So ist meist mit einer recht langen Wartezeit zu rechnen. Es bietet sich an, vorab ein Ticket mit einem bestimmten Zeitfenster online zu kaufen, so entgeht man der Warteschlange.

Wer etwas mehr Zeit eingeplant hat und gerne abseits der typischen Sehenswürdigkeiten wandelt, dem sei die NDSM-Werft ans Herz gelegt. Hier gibt es alles, was man sich an urbaner Kunst wünscht.

Wo früher gebaut wurde, zeigt sich heute einer der kreativsten Orte der Stadt. In den stillgelegten Fabrikhallen bieten sich Ateliers, Bars, Galerien und Restaurants für einen Besuch an. Die ganze Gegend befindet sich im Umbruch und ist mittlerweile ziemlich hip geworden. Hier lässt es sich an sonnigen Tagen am besten direkt am Wasser an den Schiffscontainern aushalten.

Idylle im Umland: Mühlen, Bootfahren und Fish-Spa

Man nehme eine saftig grüne Wiese, platziere ein paar schwarz-weiße Kühe, eine Mühle und am Horizont das Wasser – fertig ist die perfekte Hollandidylle. Wer Lust auf richtiges Bilderbuch-Holland hat, der schnappt sich entweder das Fahrrad oder ein Tagesticket für die Umlandbusse und fährt zum Ijsselmeer.

Zugegeben, der Name täuscht, denn es handelt sich lediglich um einen See. Doch auch hier lässt sich eine gute Brise maritimer Luft schnuppern. Zwischen Volendam und Marken verkehrt eine Fähre. Die Fahrt dauert rund 45 Minuten, in der es herrliche Landschaft und Segelboote en masse zu sehen gibt.

Amsterdam
Seeluft schnuppern: mit der Fähre von Marken nach Volendam.

Volendam ist ein Highlight bei Touristen. Das sieht man an der Vielzahl der Restaurants, Souvenirshops und nicht zuletzt am Fish-Spa, in dem man sich zum Wohl der Gesundheit die Füßchen anknabbern lassen kann.

Wer in Amsterdam alle Facetten des Stadtlebens ausgekostet hat, vom Sightseeing über das Kulturprogramm bis hin zum Nachtleben, der findet im Umland das Kontrastprogramm. Entschleunigung und Glückseligkeit pur. Schöner kann man einen Kurzbesuch in und um Amsterdam nicht abschließen.

Amsterdam-Tipps am Rande

Die Übernachtungspreise in Amsterdam sind stattlich. Es lohnt sich, frühzeitig zu buchen oder gegebenenfalls ins Umland auszuweichen. Auf dem Leihrad lässt sich der Stadtbesuch dann mit einer Fahrradtour verbinden.

Vom Flughafen Amsterdam Schiphol kommt man am einfachsten mit dem Zug ins Zentrum. Dieser fährt mehrmals pro Stunde, die Fahrt dauert 15 Minuten und kostet 4,20 Euro.

Oft lohnt sich ein Blick auf die Angebote der Bahn. Nach Amsterdam kommt man ab  Köln in rund drei Stunden. Mit etwas Glück findet man günstige Angebote, die oft günstiger sind als Flüge und natürlich viel umweltfreundlicher.

Bildnachweis:
Titelfoto, Hollandrad und Tulpen: Unsplash.com
Restliche Fotos: Julia Schattauer