Das liebe Bier – wer sich dabei dicke Männer in dunstigen Wirtschaften mit einem großen Bierkrug vorstellt, tut dem Lieblingsgetränk vieler Deutscher unrecht. Bier hat nicht nur Jahrhunderte lange Tradition und ist Teil einer ausgeprägten Kultur vieler Länder, ist es mittlerweile auch jung und modern – dank des Craft-Beer-Trends und Microbrauereien.
Doch gehen wir zunächst zurück zur Wiege des Hopfengetränks und in ein Land, das so vom Bier geprägt ist wie kein anderes, Tschechien. Bier gilt als Nationalgetränk der Tschechen und das nicht ohne Grund. Seit dem frühen Mittelalter verfügt Böhmen und Tschechien über ausgezeichnete Bedingungen für den Anbau der für Bier benötigten Rohstoffe und somit gibt es die Zutaten Hopfen, Malz, Braugerste und Brauwasser in besonders guter Qualität – ideale Voraussetzungen für das Bier.
Die erste schriftliche Erwähnung des Bierbrauens auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik geht auf das Jahre 1088 zurück. Damals durfte jeder Bier brauen, Brauprivilegien erschienen erst später. Typisch für die Region ist untergäriges Dunkles sowie Helles. Quellen belegen, dass bereits im 12. Jahrhundert böhmischer Hopfen per Schiff auf der Elbe bis nach Hamburg gebracht wurde. Auf die Ausfuhr der Setzlinge stand allerdings zeitweise sogar die Todesstrafe, so gut wurden die qualitativ hochwertigen Rohstoffe bewacht.
Eines der bekanntesten Biere der Welt wird im westböhmischen Pilsen gebraut, das Pilsner Urquell oder auf tschechisch: Plzeňský Prazdroj. Hier wurde 1842 erstmals ein Bier untergärig gebraut und wurde so bekannt, dass diese Bierart nach der Stadt Pilsen benannt wurde. Die Pilsner Brauerei ist bis heute beliebtes Ausflugsziel für Touristen in Tschechien und besonders natürlich für Pils-Fans aus aller Welt. Für echte Bierfans mag der Besuch der Pilsner-Brauerei ein Muss sein, gemütlicher kommt man allerdings in Bierstuben und auf lokalen Bierfesten in Kontakt mit der hiesigen Bierkultur.
Ein weiteres weltberühmtes tschechisches Bier wird im südböhmischen Budvar gebraut. Das staatliche Budweiser muss sich international mit dem Brauriesen Anheuser-Busch, kurz Bud herumärgern, das den bekannten Namen gewinnbringend nutzt. Das US-Unternehmen besitzt über einen ausgewanderten Tschechen ebenfalls Rechte am Namen Budweiser. In Tschechien werden regelmäßig Bierfestivals veranstaltet, die oft eine bunte und unterhaltsame Mischung aus Musik, Markt und Volksfest bieten.
Das bekannteste Bierfestival findet in Pilsen statt, wo sich von Ende September bis Anfang Oktober alles um tschechisches Bier dreht.
England, Irland, Belgien – Traditionsländer für Bierliebhaber
Auch in England hat das Brauwesen eine lange Tradition. Nach Deutschland ist Großbritannien der zweitgrößte Bierproduzent in Europas, verfügt dabei aber über weniger Brauereien. England ist, zusammen mit Irland, Schottland und Wales, eines der wenigen Länder, in dem noch heute das Ale getrunken wird. Das Ale ist ein obergäriges, starkes, helles oder dunkles hopfenbitteres Bier, das bei relativ warmen Temperaturen vergoren wird. Neben dem Ale ist das Lager ist das meistgetrunkene Bier in England. Vergleichbar ist es mit unserem „Hellen“. Daneben gibt es in England noch Porter und Stout.
Das Stout ist eigentlich eine besonders kräftige Variante des Porters und ein schwarzbraunes obergäriges Bier mit cremiger Schaumkrone, die es durch das Zapfen mit Stickstoff erhält. Das bekannteste Stout ist Guinness aus Irland, die berühmteste Biermarke der Welt. Bereits im Mittelalter brauten Mönche in Irland Bier, im 19. Jahrhundert gab es über 200 Brauereien. Da Hopfen ursprünglich nicht in Irland wächst, wurde früher hauptsächlich Ale gebraut. Heute steht die irische Bierkultur vor allem für Guinness, doch dabei trinken in Irland mehr Leute Lager, ein helles oder dunkles mildes Bier, mit wenig Hopfen.
Ob man sich den Besuch der Guinness-Brauerei sparen kann, muss jeder selbst entscheiden. Urig und authentisch trinkt man in Großbritannien und Irland sein Bier im Pub an der Theke und das am besten zu den Klängen traditioneller Live-Musik. Denn das ist es, was den Biergenuss doch eigentlich ausmacht – das gesellige Beisammensein.
Mit mehr als 1000 verschiedenen Biersorten hat Belgien die meisten Biersorten der Welt. So kann man sich in Belgien prima durch de unterschiedlichsten Biere trinken, ohne zweimal das gleiche trinken zu müssen. Man sagt, in Belgien gäbe es für jede Gemütslage und Situation das passende Bier. Das Sennetal ist Geburtsort für eine der ältesten Biersorten der Welt, das Lambic, welches durch Spontangärung gebraut wird. Im Sennetal sind die Voraussetzungen gut, da die dafür benötigten Hefesporen in der Luft hier vorkommen. Eine weitere Bierspezialität Belgien ist das Trappistenbier. So dürfen nur Biere bezeichnet werden, die noch heute in einem Trappistenkloster von Mönchen gebraut werden. Hergestellt werden helle oder dunkle Ales, die durch die Bezeichnung Double oder Tripple den Stärkegrad des Bieres aufweisen.
Deutschland: Hauptsache lokal
Aber auch Deutschland und das Bier gehören schon von Anfang an zusammen. Von Mönchen als nahrhaftes Getränk eingeführt, entwickelten sich ausgeprägte regionale Unterschiede. Die meisten Deutschen trinken am liebsten Pils. Mehr als die Hälfte der verkauften Biere sind Pilsener Brauart. Es folgen mit großem Abstand Export- und Weizenbiere. Im Norden Deutschlands gibt es vor allem herbe Pilse und kräftige Räucher- und Würzbiere, die bei Seefahrern Tradition hatten. In Westdeutschland sind traditionell obergärige Alt- und Lagerbiere beliebt, das bekannteste regionale Bier im Westen ist das obergärige Vollbier Kölsch. In Osten macht sich die Nähe zu Tschechien bemerkbar, denn hier trinkt man traditionell Pils. In Thüringen kommt Schwarzbier ins Glas.
Der Süden Deutschlands ist vor allem für das Helle und das Weizenbier, regional natürlich nur als Weißbier bezeichnet, bekannt. Die bayerische Bierkultur ist das, was weltweit als deutsche Bierkultur gefeit wird. In Bayern gab es bereits vor über tausend Jahren Mönchsorden, die Bier für die Fastenzeit herstellten, denn „Flüssiges bricht das Fasten nicht.“ Die Bierregion Franken hat die größte Brauereidichte des Landes und kann mit regionalen Besonderheiten wie dem Rauchbier in Bamberg punkten. In Bayern entstand auch das erste dokumentierte Reinheitsgebot Deutschlands im Jahr 1516. Es gilt als eines der ältesten Lebensmittelgesetze der Welt und war Vorbild für das Deutsche Reinheitsgebot. Mit dem Deutschen Reinheitsgebot wird weltweit besondere Qualität, hervorragender Geschmack und höchste Braukunst verbunden: In Deutschland darf sich nur Bier nennen, was mit den Zutaten Wasser, Malz, Hopfen und Hefe gebraut ist.
Bierkultur in Deutschland: Oktoberfest und Kirmes
Bier kann man in Deutschland an jeder Ecke trinken. In Kneipen, Restaurants, To-go aus der Flasche oder besonders gemütlich in bayrischen Biergärten. Ein besonderes Erlebnis sind allerdings die Bierfeste im ganzen Land denn dann erlebt man die deutsche Bierkultur mit allem drum und dran. Das populärste Bierfest der Welt ist zweifellos das Münchner Oktoberfest. Touristen strömen aus aller Welt hierher, um den Wiesnwahnsinn einmal live zu erleben. Was dabei den meisten zum Verhängnis wird: Das Festbier mit 6 Prozent Alkoholgehalt. Ableger des Oktoberfestes gibt es, mal mehr mal weniger authentisch, mittlerweile auf der ganzen Welt.
Der bayrische König Ludwig von Bayern ließ das Fest 1810 zu Ehren seiner Hochzeit mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen feiern, als Pferderennen. Heute dehnte sich das Oktoberfest über mehrere Wochen aus und macht München zu einer der bekanntesten Biermetropolen der Welt. Doch das Oktoberfest ist bei weitem nicht das einzige Bierfest in Deutschland. Fast jedes Bundesland, und jede Region hat eigene Bierfeste, sei es als Dorffest, Jahrmarkt, Kirmes oder Dult.
Trend Craftbier – Handwerkskunst beim Bier
In den 90er-Jahren schwappte der Begriff Craftbier aus den USA nach Deutschland über. Gemeint sind damit handwerklich gebraute Biere, die in meist kleinen, sogenannten Microbrauerein hergestellt werden. Craftbiere sind meist obergärige Biere, die unter Verwendung von vielfältigen Zutaten, wie seltenen Getreide- und Malzsorten, und mit Zusatz von Gewürzen oder Früchten gebraut werden. Die Zubereitung ist schonend und anspruchsvoll. Oft wird Wert auf nachhaltige Produktion und regionale Zutaten gelegt. Ergebnis der Craftbier-Welle sind besondere aromatische Biere.
Durch die steigende Popularität von Craftbier in Deutschland aber auch generell in der Welt schießen jährlich neue, innovative Brauereien aus dem Boden. Veranstaltungen wie zum Beispiel die „Berlin Beer Week“ zeugen vom großen Interesse an den vielfältigen Bierkreationen und sind perfekt geeignet, um sich durch die Biervielfalt zu testen und den Geschmackshorizont zu erweitern.
Titelbild: © Depositphoto – Denys Golub