Drei sind mindestens einer zu viel, Kolumne Meine ReiseZutaten

Kolumne: Drei sind mindestens einer zu viel

In der Kolumne „Meine ReiseZutaten“ philosophieren wir über Gott und die Reisewelt. Genauer gesagt hauptsächlich über die Reisewelt und alles, was dazu gehört. Welche guten Zutaten braucht eine Reise? Was versalzt uns gerne mal die Reise-Suppe? Was lässt uns vor Hochgenuss jubilieren? Und wann denken wir: „Wer bitteschön hat denn DAS bestellt?“ Immer gewürzt mit einer Prise schwarzen Humors und politischer Unkorrektheit. In Folge 1 dreht sich alles um die Reisepartner.

Meine ReiseZutaten (1): Reisepartner

Wir waren jung. Wir waren voller Lebenslust. Wir waren hoffnungslos naiv. 8 gute Freunde Anfang 20 mieten sich für zwei Wochen ein riesiges Ferienhaus in der Bretagne. 5 Männer und 3 Frauen, darunter Bruder und Schwester. Riesen Vorfreude, die Reise unseres Lebens. Der Plan: schlemmen, ausgelassen feiern, eine geile Zeit miteinander verbringen.

Die Realität: Wie war nochmal die Steigerung von Katastrophe? Streit ums Einkaufen, Streit ums Kochen, Streit ums Abspülen, Streit um zu laut vögelnde Pärchen, Streit ums nächste Ausflugsziel, Streit sogar noch abends beim Trivial Pursuit spielen.

Die Sinnlosigkeit dieser Reise konnte nur noch durch raue Mengen 24er Packs Kronenbourg (genau, die mit dem Drehverschluss) und Martini kompensiert werden. Versteht sich von selbst, dass auch noch darum gestritten wurde, wer sich an welchen Alkoholika finanziell beteiligt.

Ich war unendlich froh, dass wir alle lebend nach Hause kamen und unsere Reise nicht Vorlage für einen dieser Krimis „8 junge Menschen wollten nur einen fröhlichen Urlaub in der Bretagne verbringen – dann geschah das Unfassbare“ wurde.

Was ich daraus gelernt habe? Nicht weniger als die wichtigste Reiselektion meines Lebens: Je weniger Reisepartner, desto besser! Drei sind mindestens einer zu viel (Lassen wir bei der Betrachtungsweise mal die durch das Schicksal aneinander geketteten Familien außen vor). Jede weitere beteiligte Person erhöht das Risiko quälender Diskussionen, plötzlichen Streits aus heiterem Himmel und von Uneinigkeit bei der Restaurantsuche exponentiell.

Wieso soll ich mir die schönste Zeit des Jahres durch exzentrische, jammernde oder stinkfaule Zeitgenossen vermiesen lassen, die ich zu Hause aufgrund ein paar gemeinsam durchzechter Nächte für Freunde gehalten habe?

Ganz zu schweigen von Gruppenreisen. Die kann man wirklich nur Schülern zumuten. Vielleicht noch Fußball- und Kegelclubs, die nach 7 Tagen Dauerparty auf Malle eh nicht mehr wissen, wie ihre Mitreisenden heißen. Aber es soll Menschen geben, die sich freiwillig 10 Tage lang in einen roten Bus einsperren lassen, nur zur Besichtigung von Kulturdenkmälern freigelassen werden und in einer Schlafkabine, ungefähr in Hasenstall-Größe, die Nacht im Anhänger verbringen müssen.

Ist das noch Reisefeeling oder schon ausgeprägter Masochismus?

Für mich gibt es nur zwei Konstellationen, die verhindern, dass ich am Ende einer Reise gestresster bin als am Start: alleine oder mit dem Lebenspartner (in meinem Fall der Ehefrau) aufbrechen. Konstellation 2 funktioniert natürlich nur dann, wenn beide nicht zuhause schon immer mit Kaffeetassen aufeinander werfen. Aber wenn beide einigermaßen harmonieren, wird der Urlaub tatsächlich zum Traumurlaub.

Dann dauert die Restaurantsuche nicht eine halbe Stunde, sondern eine halbe Sekunde. Es gibt keine endlosen Diskussionen, ob der Eintrittspreis für das Museum zu hoch, das Wetter für eine Wanderung zu schlecht oder der Strandabschnitt zu überfüllt ist. Zwei Menschen sehen sich an, wissen, was der andere denkt und damit ist die Entscheidung gefallen.

Selbst wenn im Nachbarzimmer zu laut gevögelt wird, gibt es noch eine naheliegende Lösung.

Leider heißt der Titel dieser Kolumne „Reisepartner“, sodass ich an dieser Stelle gar nicht mehr auf die Vorzüge des Alleinreisens eingehen darf. Okay, ein Satz dazu: Lieber 100 Stunden allein in Finnlands Wäldern campen, als auch nur einen Tag in oben besagter Konstellation verbringen.

Vor ein paar Jahren habe ich übrigens eine der damaligen Mitfahrerinnen getroffen. „Das war echt ein schöner Urlaub damals in der Bretagne“, hat sie gesagt. Ich habe mir nur gedacht: Mir sind unvergesslich schöne Reisen doch lieber als Urlaube zum Vergessen, für deren nachträgliche Verklärung ich schon ein gerüttelt Maß an Alzheimer brauchen würde …

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